Ein Schweineleben unter freiem Himmel

Erst die Freilandhaltung dann Bio

Dirk Hensen
Bio-Landwirt
aus Berufung

Ein schönes Bild ist es allemal, wie die kleinen Ferkel über die Wiese ziehen. „Familien- oder wurfübergreifend“ rotten sich Banden von 20-30 Ferkeln wie ein Pfadfinder-Team zusammen und erkunden die Gegend. Sie stöbern durch Hecken und nähern sich natürlich auch der Besuchergruppe aus der Stadt. Die Kleinen nähern sich vorsichtig, denn die merkwürdig anmutenden Kameras und die Beleuchtung sind für sie ungewohnt. Das Gelände mit all den Hütten für die Schweine gleicht ein wenig einem Campingplatz für Tiere. Allerdings mit viel mehr Raum für die kleinen vierbeinigen Streuner.

 

„Auf einmal bin ich akzeptierter als meine Kollegen.“

Was für die Tiere paradiesische Zustände sein müssen, ist für die Menschen harte Knochenarbeit.

Die Versorgung der Tiere mit Futter und Stroh über das weitläufige Terrain bei Wind und Wetter erfordert entsprechende Maßnahmen. „Man braucht Angestellte, um die Arbeit als Bio-Betrieb bewältigen zu können.“ Es ist 1991 als die Familie auf Freilandhaltung umstellt. Die Architektur des Hofes mit den angegliederten Ländereien war hervorragend geeignet für dieses Vorhaben. Erst einmal ging es mit 40 Sauen los und es entwickelte sich stetig weiter. Irgendwann produzierte der Hof auch Ferkel für andere Mäster. Da aber die Kosten für eine konventionelle Zucht und Mast durch die Freilandhaltung höher waren als bei anderen Höfen, musste man sich entscheiden: Entweder für viel Geld Ställe bauen oder aber den Betrieb herunter zu fahren. So kämpfte sich Hensen mit seiner Familie durch bis die Zeiten sich änderten. Zum Guten. Zu Bio.

2014 entstand die Zusammenarbeit mit einem großen Bio-Verband, der – wegen der mittlerweile gewachsenen Nachfrage an Bio-Produkten – Hensen seine Schweine abkaufte. Die Familie wurde quasi gefordert und somit der Familienbetrieb regelrecht gerettet. Und nicht nur das. Seitdem Hensen auf Bio umgestellt hat, ist er für die Öffentlichkeit ein besserer Bauer, obwohl er mit seiner Freilandhaltung noch dasselbe tut wie vorher. „Ich hab‘s vorher nicht anders gemacht und war ein konventioneller Massentierhalter, jetzt mach ich Öko und auf einmal bin ich akzeptierter als meine Kollegen.“ Dabei ist es Hensen wichtig, dass diese Kollegen einen Super-Job machen, wie er ausdrücklich betont.

„Jeder, der seinen Beruf als Landwirt ausübt, macht das auch, weil er dazu Lust hat und weil es eine Berufung ist.“

Dass Öko oder Bio nicht automatisch bedeutet, dass die Schweinchen mit einer Sommerblume im Maul einen putzigen Reigen tanzen, sollte jedem in der herbstlichen Morgenkälte klar werden. Die Belastung der Tiere durch Witterungseinflüsse wie Kälte und Nässe führen zwangsläufig zu Verlusten. Kann sich der konventionelle Landwirt bei seinen Schweinen im Stall zum Beispiel Geburtshilfen leisten, sieht das hier in natürlicher Umgebung eben manchmal auch trauriger aus.

Die Sterblichkeitsrate bei den Saugferkeln ist entsprechend höher. Hinzu kommen Räuber wie Kolkraben oder auch Füchse. Allerdings kommen die Tiere trotz aller Belastung super mit dem Leben unter freiem Himmel zurecht. Hatte man in den 60er und 70er Jahren nur auf die Tageszunahmen geachtet und weitere Aspekte, wie Robustheit und Stressresistenz außer Acht gelassen, hat die Genetik der heutigen Zeit vieles verbessert!

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